Zeitgeschichte
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Ab den 1950er Jahren formierte sich in westeuropäischen Staaten eine Neue Linke. Mit ihr sind Aufbrüche im Denken und Handeln der Linken verbunden, die in vielerlei Hinsicht bis zum heutigen Tage prägend wirken. Der Wunsch nach radikalen gesellschaftlichen Transformationen, trieb theoretische Neukonzeptionen, häufig mit Bezügen zum Marxismus, und eine stärker bewegungsförmige politische Praxis voran. All dies war auch in der Bundesrepublik zu beobachten und verwies deutlich über die mythische Jahreszahl „1968“ und die Studentenbewegung hinaus. Dieses Seminar möchte die Hintergründe für das Entstehen und die Entwicklung der Neuen Linken in Deutschland nachzeichnen. Dabei stehen transnationale Verflechtungen und Entwicklungen im Mittelpunkt, untersucht werden die historischen Ursprünge und Traditionen sowie die politische und theoretische Praxis der Neuen Linken.

Literatur (nicht verpflichtend):

  • Michael Frey: Vor Achtundsechzig. Der Kalte Krieg und die Neue Linke in der Bundesrepublik und den USA, Göttingen 2020.
  • Terence Renaud: New Lefts. The Making of a Radical Tradition, Princeton 2021.

Der Gegenstand unseres Seminars gehört zu denjenigen Politikfeldern, die nicht ganz einfach zu fassen sind, worauf schon die Fülle teilweise scharf miteinander konkurrierender Fachtermini wie „Entwicklungshilfe“ und „Entwicklungszusammenarbeit“ hindeutet. Einerseits hat Entwicklungspolitik den Anspruch, jenseits von engem ökonomischen oder politischen Eigennutz idealistisch am Gemeinwohl der gesamten Menschheit orientiert zu sein. Andererseits ist die Entwicklungshilfe keines Landes frei von spezifischen Interessen außenwirtschaftlicher, geostrategischer, energie-, bevölkerungs- oder bündnispolitischer Art. Auf der einen Seite ist Entwicklungspolitik ein recht junges Phänomen, das erst in der Hochphase der Modernisierungstheorie während der 1950er und 1960er Jahre seinen Durchbruch erlebte. Auf der anderen Seite führen auch in Deutschland, das seine überseeischen Besitzungen früher verlor als andere europäische Mächte, personelle Kontinuitäten und mentale Traditionslinien zurück zu den Zivilisierungsmissionen des kolonialen Zeitalters im 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Die Entwicklungspolitik war, wie andere Politikfelder in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch, von den Denkmustern und Handlungsvorgaben des Kalten Krieges durchdrungen. Sie wurde jedoch in ihrem Kern nicht vom Ost-West-Gegensatz bestimmt, sondern vom Antagonismus zwischen einem industrialisierten Norden und einem als rückständig erachteten globalen Süden, der quer zu den Konfliktlinien des Kalten Krieges verlief. Das 1961 gegründete Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) bildet den institutionellen Kern staatlicher Entwicklungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Zugleich sind aber gerade in der Entwicklungspolitik der Bundesrepublik gesellschaftliche Akteure wie Kirchen, Gewerkschaften, Parteistiftungen, Verbände, Denkfabriken, Lobbygruppen und Nichtregierungsorganisationen von großer Bedeutung.

Wie lassen sich „Entwicklungspolitik“ bzw. verwandte Termini wie „Entwicklungshilfe“ und „Entwicklungszusammenarbeit“ begrifflich fassen? Worin unterscheidet sich Entwicklungspolitik von Außenpolitik oder Wirtschaftspolitik und welche Abgrenzung nahmen die Zeitgenossen vor? Welche anderen Politikbereiche berührt sie? Was interessiert die Geschichtswissenschaft an der Entwicklungspolitik? Welche historischen Methoden stehen für ihre Erforschung zur Verfügung? Was sind spezifische Merkmale deutscher Entwicklungspolitik, die sie von anderen Ländern unterscheidet? Wie veränderten sich ihre Rahmenbedingungen im Laufe der Zeit? Welche Akteure, Paradigmen und Probleme waren in der deutschen Entwicklungspolitik wichtig? Welche Quellen stehen für ihre Erforschung zur Verfügung? Welche Zäsuren und Perioden lassen sich in der Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik ausmachen? So lauten einige der Fragen, mit denen wir uns in dem Oberseminar beschäftigen wollen.