Das Seminar widmet sich zwei der schillerndsten und bekanntesten Persönlichkeiten des literarischen Mexiko im 20. Jahrhundert: Der Dramatkerin und Romanautorin Elena Garro sowie dem Schrifsteller, Lyriker und Literaturnobelpreisträger des Jahres 1990 Octavio Paz. Obwohl biographisch eng miteinander verbunden und über Jahrzehnte in einer schwierigen Diplomaten-Ehe verflochten, unterscheiden sich beide Literaten in ihren Werke, ihren gattungsästhetischen Anspüchen wie auch in ihren politischen sowie künstlerischen Positionen fundamental voneinander.

Gerade ein näherer Blick auf einige der zentralen Theaterarbeiten und Romane Garros wie ihrem wohl bekanntesten Text Los recuerdos del porvenir aus dem Jahr 1963 soll die in vieler ihrer Texte auch um weibliche Emanzipation ringende Autorin ein Stück weit aus dem übermächtigen Schatten ihres Ehemannes entfernen und ihrem Werk eigene Geltung verschaffen, ohne dass dabei im Kurs auch einige der wichtigsten Texte von Paz wie El laberinto de la soledad von 1950 vernachlässigt werden, die wir ebenfalls lesen und diskutieren werden.

Gleichberechtigt in ihrer Aussagekraft für das literarische und politische Mexiko ihrer Zeit wollen wir nicht nur einen inhaltlichen wie stilistischen Vergleich zweier engagierter Persönlichkeiten der Literatur wagen, über die unterschiedliche Bedeutung von Surrealismus und Modernismo, den sog. 'Magischen Realismus' sowie den Einfluss der indischen Kultur sowie des Buddhismus, über das Fantastische und Positionen der Esoterik für ihr Schaffen sprechen, sondern uns auch vertiefend mit beider Stellung im literarischen Feld Mexikos auseinandersetzen. Dabei lernen wir Geschichte wie auch Politik und Kultur Mexikos im Spiegel zweier bewegter Literaten-Leben kennen und bekommen einen Eindruck davon, wie aussagekräftig Literatur in all ihrer Gattungsvielfalt für politische wie gesellschaftliche Umbrüche und Dynamiken sein kann.


Feministisches Denken und Schreiben gehört ebenso zur französischen Literatur- wie zur französischen Philosophiegeschichte. Denkerinnen wie Simone de Beauvoir, Luce Irigaray, Christine Delphy oder Élisabeth Badinter prägen  philosophisch, politisch, philosophisch wie literarisch das Streben nach weiblicher Emanzipation vom 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart.  Dabei ist es schwierig, von einer homogenen Bewegung eines einzigen Feminismus in Frankreich zu sprechen, da sich gerade aus einer diachron-geschichtlichen Perspektive politische Positionen und Forderungen, aber auch die literarästhetische Umsetzung feministischer Theorie und feministischen Engagements in stetigem Wandel befinden und sich bisweilen einstmals revolutionäre Forderungen einer aktualisierenden Kritik unterziehen müssen. Gerade in Hinblick auf die gestiegene Bedeutung der Queer und Gender Studies und vor dem Hintergrund non-binärer Geschlechtsidentitäten stellt sich die Frage, was einen zeitgemäßen und engagierten Feminismus überhaupt ausmacht.

Wir werden uns im Seminar daher nicht nur mit historischen Positionen des Feminismus außeinandersetzen, wie sie in Frankreich im 18. und 19. Jahrhundert beispielsweise in den noch in der Tradition des aufklärerischen Universalismus stehenden Forderungen der Olympe de Gouge oder der Zeitschrift "La Citoyenne" von Hubertine Auclert greifbar werden, sondern die historischen Wandlungen des Feminismus gerade auch in Hinblick auf die Positionen zeitgenössischer Autor*innen wie diejenigen der Schrifstellrein Virginie Despentes zu greifen versuchen.

Dabei widmen wir uns einer breiten Vielfalt  texutellen Gattungen vom philosophischen und politischen Manifest über den Essay und den journalistischen Artikel bis hin zu fiktionalen Texten, um uns anhand der Breite an engagierten feministischen Stimmen einen ersten Überblick sowie eine gemeinsame Diskussionsgrundlage zu verschaffen, welche uns gegen Ende des Seminars eine Öffnung des erworbenen Wissens auf einen Vergleich mit feministischem Schreiben andernorts und insbesondere auch in Deutschland erlauben soll.