Die Herkunft und Verbreitung der Klischees des visionären Künstlers und seines Zerbrechens an einer unempfänglichen Gesellschaft sind älter als der Film. Doch eignet sich das Medium wie kein zweites, das Bild vom verkannten Genie bis heute populär zu halten. Denn schenkt man den zahlreichen Spielfilmen Glauben, die sich den Viten mehr oder minder namhafter Künstlerpersönlichkeiten verschrieben haben, dann unterscheidet sich ein Künstlerleben ganz erheblich von den Leben Normalsterblicher.

Das Seminar soll einen Überblick über die mannigfaltigen, formal und qualitativ höchst unterschiedlichen filmischen Positionen zum Thema „Künstlerleben“ vermitteln und zudem für die Tücken des Transfers von Werken der Bildenden Kunst ins Filmmedium sensibilisieren.

Die Kunst genoss in der DDR einen hohen Stellenwert. Von offizieller Seite als pädagogisches Vehikel für ideologische Maximen der neuen Gesellschaft in Dienst genommen und entsprechend rigide durch den Staat reglementiert, war die bildende Kunst ebenso wie die Literatur, das Theater und der Film der Doktrin des Sozialistischen Realismus unterworfen. Doch das Stilidiom und seine Auslegung unterlag einem steten Wandel. Auch die kulturpolitischen Rahmenbedingungen erfuhren im Laufe der vier Jahrzehnte zahlreiche Anpassungen, so dass sich die Beziehungen zwischen Staat und Künstler stets spannungsreich gestalteten. Im Seminar soll anhand der Beschäftigung mit Leben und Œuvre ausgewählter Künstler ein differenziertes Bild der komplexen Geschichte der Kunst in der DDR und ihrer Rezeption erarbeitet werden.

Das Haus kann ein Ort des Rückzugs und eine Festung des Privaten gegen eine öffentliche oder gar feindliche Umgebung sein. Zahlreiche Texte des 19. Jahrhunderts stilisieren das eigene Heim als friedvollen Platz bürgerlicher Idylle. Doch nur äußerst selten lässt sich das häusliche drinnen erfolgreich von dem abschirmen, was sich draußen abspielt. Es erfordert zumindest Maßnahmen, die den heimeligen Komfort stark auf die Probe stellen. Dass solche Versuche nicht nur kapriziös und mühsam, sondern sogar naturwidrig sind, zeigt sich spätestens gen Ende des 19. Jahrhunderts in Huysmans' Skandalroman À rebours – dt. Gegen den Strich, in welchem sich der Adelige Jean Des Esseintes gänzlich von der übrigen Welt abkapselt. Gelangweilt wendet sich der Dandy von der Gesellschaft ab, um sich in den eigenen vier Wänden ein prachtvoll-glänzendes, rein künstliches Refugium zu schaffen. Form und Ästhetik spielen in diesem literarischen Werk der Dekadenz eine tragende Rolle und verleihen der heimisch zelebrierten Weltabgewandtheit einen besonderen Reiz. Insgesamt beschäftigt sich der Kurs mit Aspekten des Stils und befragt das Verhältnis eines Stillstands auf Handlungsebene zu Ausschweifungen deskriptiver Art.
Neben dem weltfremden Kokon, den Huysmans 1884 entwirft, möchte der Kurs weitere Topoi von häuslichem Rückzug und Lebensuntüchtigkeit untersuchen und die Schnittstelle von Privatraum und gesellschaftlichem außen beleuchten. Dabei rücken auch Texte aus dem 20. Jahrhundert in den Blick, die das Private zur politischen Sphäre erklären und vom passiven Widerstand zu Hause erzählen (bspw. Perec: Un homme qui dort – dt. Ein Mann der schläft, 1967). Zur Textgrundlage gehören außerdem Passagen aus Houellebecqs jüngsten Romanen Soumission – dt. Unterwerfung (2015) und Serotonin (2019), in denen die häusliche Abkapslung nicht weniger politisch ist und sich in einer Spirale von Konsumeifer und Einzelgängertum verliert.