Das Tutorium soll sich an Studierende aller Studeingänge der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät und darüber hinaus an Studierende der anderen Fakultäten der Universität Potsdam wenden, die sich im Rahmen ihres regulären Studiums, ihres Wahlbereichs oder im Zusammenhang des Zusatzzertifikats Interdisziplinäre Geschlechterstudien oder des Studium Plus für Geschlechterforschung interessieren und Veranstaltungen belegen oder belegen möchten, die von der Funktionsstelle Geschlechtersoziologie angeboten werden. 

Die Idee ist deshalb, nicht nur den Zugang zur Geschlechtersoziologie zu erleichtern, sondern die interdisziplinären Zugänge in der Fakultät und über sie hinaus zu einem Gewinn für die beteiligten Studierenden zu machen. Deshalb sollen nicht nur Zugänge und Erkenntnisse der Geschlechtersoziologie vermittelt, sondern Möglichkeiten geschaffen werden, mögliche Anschlüsse aus den unterschiedlichen Fächern zu thematisieren. So sollen Studierende unterschiedlicher Fachbereiche, über geschlechtersoziologische Themen in ein Gespräch kommen, das deren unterschiedliche Wissensperspektiven zu integrieren in der Lage ist. Das Tutorium soll einen Lernraum schaffen, in dem offen miteinander kommuniziert werden kann und Wissenshierarchien bestmöglich vermieden werden. Deshalb sollen zu Beginn des Tutoriums Zeit zum Kennenlernen eingeräumt sowie Gesprächsregeln vereinbart werden.

Die Studierenden sollen aktiv das Format des Tutoriums mitgestalten. Die thematischen Schwerpunkte sollen immer auch nach deren Interessen gesetzt werden. Dabei soll darauf geachtet werden, möglichst ausgeglichen über die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen hinweg, Überschneidungen zur Geschlechtersoziologie zu finden. Zu jedem Themenbereich sollen dann wissenschaftliche Texte gelesen, Präsentationen gehalten und gemeinsam Vorträge rezipiert werden. Über eine Feedback Struktur im Tutorium werden dabei Votragskompetenzen gestärkt und die Kenntnisse aus den Einführungen in das wissenschaftliche Arbeiten in den unterschiedlichen Fachdisziplinen vertieft. Kenntnisse aus der Geschlechtersoziologie werden sich dabei erarbeitet und ebenfalls vertieft. Durch die Tutorium Struktur ist auf Peer Ebene ein offenes Ansprechen von offenen Fragen sehr gut möglich.

Am Ende des Tutoriums ist das Ziel, ein Zine zu erstellen, in dem jede teilnehmende Person mindestens eine Seite zu der individuellen Verbindung des eigenen Studiums und der Geschlechtersoziologie gestaltet. Ob aus ihrer jeweiligen wissenschaftlicher Perspektive, in Form von Interviews, Collagen, Fotos oder auch Ergebnissen von teilnehmenden Beobachtungen - der Kreativität sind hierbei keine Grenzen gesetzt.

Mögliche Fragen oder Themenbereiche können folgende sein:

• Was ist denn der technofeministische Widerstand oder wie kann Feminismus im digitalen Raum aussehen? Wie sieht es eigentlich mit gender diversity in der AI-Forschung aus? Sind Algorithmen sexistisch?

• Wie ist das jetzt nochmal mit Geschlechtlichkeit auf biologischer Ebene? Wie queer ist eigentlich das nicht-menschliche Tierreich? Wie hängen die Gender Studies auch mit den Human-Animal-Studies zusammen?

• Was sind denn Feminist Physics Studies? Warum sind MINT-Fächer immer noch primär von cis-männlichen Personen dominiert? Wie können wir mithilfe der Quantentheorie oder Mathematik über Geschlechtergerechtigkeit sprechen?

• Wie sehen Geschlechtskonstruktionen in rechtsextremen Gruppierungen und Parteien aus? Wieso gibt es Incels?

• Vor welche grundsätzlichen Herausforderungen werden FLINTA*-Personen in einer wissenschaftlichen Laufbahn gestellt?

• Wie hängen verschiedene ökonomische Systeme und feministische Strömungen zusammen? Was ist feministischer Marxismus oder können wir wirklich den Gender Pay Gap in einer kapitalistischen Wirtschaftsform umgehen?

• Sind die Neurowissenschaft oder die Psychologie sexistisch und queerfeindlich? Was ist denn überhaupt queer-feministische Psychologie?

• Wie sehen religiöse Geschlechterkonstruktionen aus? Können religiöse Texte, wie beispielsweise die Bibel oder der Koran, feministisch interpretiert werden?

• Wie können wir Geschlechtergerechtigkeit an Kindergärten und Schulen schaffen oder wie effektiv sind Gender Mainstreaming Ansätze?

• Wie hängen die Klimakrise und Geschlechtergerechtigkeit miteinander zusammen? Was ist eigentlich Öko-Feminismus?

• Können wir Geschlechtergerechtigkeit gesetzlich verankern? Was für historische Entwicklungen hinsichtlich geschlechterbezogener Themen konnten wir in den letzten Jahrzehnten auf der rechtlichen Ebene beobachten?

• Wie sehen Geschlechterkonstruktionen in der Kunst und Literatur aus? Was macht der male gaze in Filmen mit uns?