Das Verhältnis von Religion und Politik, von Staat und Kirche ist ein zugleich uraltes und brandaktuelles Thema. An der Schwelle zur Moderne und Säkularisierung haben zwei jüdische Vordenker das theologisch-politische Problem in epochemachenden Werken traktiert: Baruch (auch Bento oder Benedictus) Spinoza (1632-177) im Tractatus Theologico-Politicus (1670) und Moses Mendelssohn (1729-1786) in Jerusalem oder religiöse Macht und Judentum (1783).  Beide Schriften treten für die Trennung von Staat und Kirche und für Toleranz und bürgerliche Freiheiten ein. Insbesondere fordern beide die Abschaffung des Synagogenbanns. Während ihre theologisch-politische Stoßrichtung ähnlich ist, verlief ihre persönliche Geschichte konträr: Spinoza ist vom Judentum abgefallen und 1656 von der Synagoge verbannt worden. Sein Traktat ist auch eine heftige antijüdische Polemik und die Geburtsurkunde der historisch-kritischen Bibelwissenschaft. Während Mendelssohn zum Sprecher der Juden wurde und sein Jerusalem die Grundschrift des modernen Judentums ist. Das komplexe Verhältnis dieser beiden Denker ist bis heute ein aufregendes wissenschaftliches Rätsel. Im Seminar sollen vor allem ihre theologisch-politischen Konstellationen und Konzeptionen verglichen und insbesondere ihre Positionen zur jüdischen Theokratie geklärt werden.