Die Außenpolitik des Deutschen Kaiserreichs ist eines der am meisten beforschten und doch umstrittensten Themengebiete der neueren Geschichte. Schnell ist ein nahezu zwangsläufiger Weg von der „Weltpolitik“ Wilhelms II., seiner Kanzler und Diplomaten, zu Julikrise und Kriegsausbruch 1914 ausgemacht, was wenig wundernimmt, spekulierten doch schon die Zeitgenossen diplomatischer Zusammenstöße um die Jahrhundertwende von einem künftigen Weltkrieg. Zugleich wähnten sich die Akteure jener „Weltpolitik“ in einer exzeptionellen historischen Friedensphase und erlebten etwa die internationalen Haager Friedenskonferenzen als Versuche zur Implementierung gewaltloser Konfliktlösungsverfahren.
Dieser Grundkurs fragt nach dem Platz der „Weltpolitik“ in der politischen Kultur des deutschen Kaiserreichs und nimmt anhand ausgewählter Krisen die Bedingungen und Mechanismen internationaler Beziehungen seit dem Rücktritt Bismarcks bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs sowie die daran anknüpfenden historiographischen Kontroversen in den Blick.