Die zunehmende öffentliche Diskussion über das maritime Umfeld im 21. Jahrhundert, insbesondere bezüglich der globalen Erwärmung, hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass die vermutlichen sicherheitspolitischen Implikationen auf das gesamte maritime Umfeld verstärkt in den Mittelpunkt der politischen Diskussionen rücken.

Das maritime sicherheitspolitische Umfeld ist heute stärker denn je durch veränderte Bedrohungen und neue, anders geartete Risiken gekennzeichnet, die im Schwerpunkt sowohl auf Deutschland, Europa und Nordamerika reflektieren. Aufgrund erodierender staatlicher Ordnungsstrukturen in Teilen Afrikas, des Mittleren und Nahen Ostens, aber auch in Lateinamerika und Asien, der zunehmenden Multipolarität und einem Wiedererstarken nationalistischer Tendenzen in Teilen der Welt ist mit weiteren geopolitischen Spannungen zu rechnen. Im Lichte dieser sicherheitspolitischen Trends wird dem maritimen Raum dabei, als zentralen Macht- und Ordnungsprojektionsraum, eine elementare Rolle zukommen.

 

Bedrohungen wie klassische zwischenstaatliche Konflikte, die direkte sicherheitspolitische und ökonomische Auswirkungen, etwa für Deutschland und die EU oder für die NATO zur Folge haben, können nicht vollends ausgeschlossen werden. Diese sind vor allem durch Grenz-, Territorialgewässerkonflikte und Dispute um Ausschließliche Wirtschaftszonen (AWZ) geprägt und stellen weiterhin ein direktes maritimes Bedrohungsszenario dar. Neben eindeutig erkennbaren Bedrohungen gefährden aber immer mehr indirekte Risiken die maritime Sicherheit. Dazu gehören der maritime Terrorismus, politische, ökonomische, ethnische und religiöse substaatliche Konflikte und Staatenzerfall in unmittelbarer Nähe von Meerengen und Ressourcenquellen sowie Übergriffe auf Handels- und Passagierschiffe durch Piraten, kriminelle Gruppen oder Terroristen. Auch ökonomische, energiepolitische und ökologische Entwicklungen gefährden zunehmend die Sicherheit im maritimen Raum. Die klimatischen Veränderungen, Umweltzerstörung, illegale Migration sowie illegaler Waffen- und Drogenhandel als Ausprägung organisierter Kriminalität sind Risiken, die Europa und Deutschland indirekt oder direkt von See her bedrohen. Die Abhängigkeit moderner Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften von freien Seewegen aber auch die zunehmende Bedeutung von kritischen Infrastrukturen zur Energiegewinnung sowie Energiequellen auf See stellt gleichsam ein großes Verwundbarkeitspotenzial dar. Diesem kann in der Regel nur mit Projektionsmaßnahmen im Rahmen der maritimen Sicherheit begegnet werden.

 

Den theoretischen Rahmen der Lehrveranstaltung, um die Thematik maritime Sicherheit umfassend betrachten und politikwissenschaftlich-theoretisch einordnen zu können, gibt die neorealistische Denkschule und die Raumtheorie im geostrategischen Bezug. Mittels des neorealistischen Ansatzes soll das Handeln von Akteuren im internationalen System im maritimen Umfeld untersucht werden. Da das maritime Umfeld ausschließlich aus Räumen, vorwiegend Seegebieten und Küstenlinien, besteht, erscheint es sinnvoll diese in die sozialwissenschaftliche Raumtheorie, hier unter dem Schwerpunkt der Betrachtung von geostrategischen Räumen, zu analysieren.

 

Die Teilnehmer am Modul werden durch Einbeziehung der zwei verschiedenen Theorien in den Kontext des maritimen Umfeldes, befähigt die wesentlichen Elemente des maritimen Umfeldes und der maritimen Sicherheit im 21. Jahrhundert politikwissenschaftlich zu erfassen und zu beschreiben.