Das Seminar befasst sich mit dem Zusammenspiel von zwei in der Definition unscharfen Phänomenen: Populismus und Populärkultur. Etymologisch haben beide Begriffe (Populismus, Populäres) die gleichen Wurzeln (lat. populus - Volk, popularis - populär) und suggerieren beide - politisch bzw. kulturell - eine besondere ‚Volksnähe‘. Wir nehmen zunächst beide Begriffe unter die Lupe und schauen uns zum einen an, wie die aktuelle Forschung den Populismus zu definieren versucht. Die Forschung reagiert mit neuen Einordungsvorschlägen (u.a. Müller, Rosanvallon) auf die sichtbare globale Erstarkung populistischer und autoritärer Politiken; unser Fokus liegt (fachspezifisch) auf Ostmittel- und Osteuropa nach den Transformationsprozessen der letzten Dekaden. Zum anderen besprechen wir einige kulturwissenschaftlich wirksame theoretische Zugänge zur Populärkultur (von Adorno bis zu postmarxistischen cultural studies).

Unsere Hauptfrage lautet: wie ist es um die populäre Kultur in Zeiten des (v.a. rechten) Populismus bestellt? Welche Allianzen gibt es zwischen Populärkultur und politischem Populismus? Welche Resonanzräume bietet die Populärkultur den populistischen Politiken, wann und wo leistet sie Widerstand? Insbesondere die Rechtspopulisten an der Macht sind kulturpolitisch aktiv und versuchen, das Feld der Populärkultur politisch/finanziell zu kontrollieren und entsprechende Bereiche für eigenpolitische Zwecke zu vereinnahmen (wie Musikfestivals oder aber die Bewegung des historischen reenactment). Wir fragen nach Momenten der gegenseitigen Verstärkung popkultureller Ausdrucksweisen und populistischer Machtstrategien wie auch nach möglichen Widersprüchen und Rissen in den Praktiken und Diskursen der rechtskonservativen und nationalistischen Allianz von populärer Kultur und Populismus.

Im Seminar werden wir Fallbeispiele des Zusammenwirkens vom Populären und Populistischen diskutieren - mit Fokus auf Polen, Ukraine, Belarus und Russland. Es sind einige Gastvorträge von Spezialist*innen auf dem Feld der Forschung zu populären Kulturen in Osteuropa vorgesehen. Im letzten Drittel des Seminars werden die Seminarteilnehmer*innen eigene Beispiele (case studies) vorstellen. In diesem Sinne ist dies auch ein Projektseminar, in dem gemeinsam Fragen formulieren und uns das Material erschließen.