Anwendungen der Genetik und die Gentechnologie am Menschen haben in den vergangenen Jahren rapide Fortschritte gemacht: Gentests geben über Erkrankungsrisiken und Veranlagungen Auskunft, neuartige Therapien versprechen die Heilung schwerer Krankheiten und Verfahren der Genom-Editierung erlauben eine zielgerichtete Veränderung des menschlichen Genoms. Derartige Entwicklungen verändern Gesellschaften, fordern etablierte Menschenbilder heraus und stellen Konzepte wie Gesundheit, Verantwortung oder Natürlichkeit in Frage. Nicht erst seit der Geburt von „Lulu“ und „Nana“, den ersten gentechnisch veränderten Menschen der Welt, werden die wachsenden technischen Möglichkeiten im Kontext der Reproduktionsmedizin kontrovers diskutiert. Mit der Ausweitung von vorgeburtlichen Gentests und den wachsenden Interventionsmöglichkeiten verbinden sich schließlich nicht nur Hoffnungen auf Gesundheit, sondern auch ethische Bedenken hinsichtlich einer Grenzüberschreitung beim Eingriff in die menschliche Natur.

Ausgehend von diesen Entwicklungen wird sich das Seminar ausgewählten Texten der (biomedizinischen) Ethik widmen, welche die ethischen und gesellschaftlichen Folgen des umfassenden Einsatz von Gentechnologien reflektieren. Im Zentrum steht die Frage nach legitimen Grenzen der (Fortpflanzungs-)Freiheit, die gesellschaftliche Folgenhaftigkeit von Technologien sowie Aspekte der intergenerationalen Gerechtigkeit. Durch die gemeinsame Lektüre von aktueller zumeist angelsächsischer Literatur sollen das Spektrum an ethischen Aspekten erschlossen und zugleich Kompetenzen der Urteilsbildung zu medizinethischen Konfliktfällen geschult werden