Die Operation in Afghanistan wart für die NATO wie für die Bundeswehr die bisher umfangreichste und forderndste Auslandsmission. Sie fand im Rahmen der weitreichenden Verantwortung statt, welche die Internationale Gemeinschaft nach dem Sturz des Talibanregimes 2001 für das kriegsgeschundene Land am Hindukusch übernommen, aber nicht wirklich ausgefüllt hat. Primärer Auftrag der ISAF (International Security Assistance Force) war es, für den Wiederaufbau ein "sicheres Umfeld" zu schaffen, doch überließ die Internationale Gemeinschaft einen zu großen Teil der Aufgaben dem Militär. So ist nicht zuletzt durch das Ausbleiben rascher Verbesserung der Lebensbedingungen und zügigen Aufbaus eigener Sicherheitskräfte die Aufstandsbewegung wiedererstarkt und hat die militärische Logik erneut überhandgenommen. Nicht zuletzt wegen erodierender Unterstützung in den NATO- und Partner-Ländern ist diese Mission 2015 durch die stark reduzierte Ausbildungs- und Beratungsmission „Resolute Support“ ersetzt worden, deren Ende jahrelang absehbar war. Die Aussichten für eine friedliche, stabile Zukunft Afghanistans nach dem Abzug der NATO-geführten Truppen sind prekär, das von Präsident übereilt abgeschlossene Abkommen mit den Taliban (ohne Zugeständnisse von deren Seite, gefolgt von einem Abzug „mit Ansage“ hat sich als unheilvoll erwisen.
Vor diesem Hintergrund befasst sich das Seminar mit der Vorgeschichte,
analysiert Anfangsfehler der Internationalen Gemeinschaft, problematisiert zu
hochgesteckte Ziele beim "statebuilding", erörtert zu ziehende
Lehren, fragt nach der Rolle, die militärische Interventionen im diffusem
Sicherheitsumfeld heutzutage überhaupt spielen können, befasst sich mit den
Akteuren und deren Interessen und beleuchtet den "comprehensive
approach" einer vernetzten Sicherheitspolitik. Auch der Frage, was dieser
"kriegsähnliche Einsatz" für die Bundeswehr bedeutet, wird
nachgegangen.
Ungeachtet des zeitgeschichtlichen Charakters dieses Seminars werden das chaotische Ende und das letztendliche Scheitern der Internationalen Gemeinschaft eine Rolle spielen – nicht zuletzt, weil sie die Beurteilung vieler der o.a. Fragen „with hindsight“ ermöglichten.
- Kursleiter*in: Dr. Klaus Wittmann