Die sogenannte Ilias Latina ist ein gleichermaßen rätselhafter und faszinierender Text: Entstanden in neronischer Zeit und damit in einer Epoche, aus der wir zahlreiche wirkungsmächtige Autoren kennen, bleibt der Autor dieses kleinen Epos anonym und versteckt sich hinter seinem Text. Dafür aber nimmt er sich Großes vor, denn in nur reichlich 1000 Hexametern übersetzt er die Ilias, das 24 Gesänge umfassende Großepos des griechischen Dichters Homer, ins Lateinische und schafft es dabei auch noch, die Aeneis des römischen Klassikers Vergil intensiv nachzuahmen. Ein hervorragender Ausgangspunkt also, um die Prinzipien der imitatio, aemulatio und compilatio kennenzulernen, die für die römische Literatur so typisch sind.