Aufgrund ihrer vermeintlichen Losgelöstheit von referentiellen Bezügen, gilt die sogenannte Poésie pure als dunkel und schwer zugängliche Form der Lyrik.

Ihre Autoreferentialität, welche Sinnzusammenhängen und Inhalten nur nebensächliche bis gar keine Bedeutung zukommen lässt, macht sie gemeinhin zum Gegensatz jeglicher Art engagierter Literatur und Dichtung. Doch eine zentrale Frage des Seminars wird sein, ob und wie im vermeintlich vollständigen Rückzug in eine Autonomie der Form sowie des Künstlerischen eine durchaus politische Bedeutung mitschwingt, welche seit dem französischen Symbolismus das lyrische Schaffen aboluter Poeten und Hermetiker prägt und ihren Blick auf Kunst und ihre Interaktion mit Gesellschaft bestimmt.

Wir werden uns hierfür zunächst mit den ästhetischen und theoretischen Grundlagen des Symbolismus und dem Werk Paul Valérys (1871-1945) anhand einiger zentraler Dichtungen zuwenden, wobei es vor allem der Valérys Dichten bestimmende Prozess krisenhafter Loslösung von stärker referentialisierbaren Schreibformen, Symbolen und Metaphern und die Hinwendung zu einem hermetischen Schreiben ist, der uns hier interessiert, insofern diese Krise wegweisend für spätere Entwicklungen nicht nur der französischen Lyrik werden sollte.

Zusätzlich werden wir uns mit dem Ermetismo als einer wichtigen Strömung innerhalb der italienischen Lyrik des 20. Jahrhunderts widmen. Auch sie steht in der Tradition des französischen Symbolismus, ist geprägt von individualisierten Symbolen und Metaphern, welche allgemeine Sinnzusammenhänge unterlaufen. Dabei stehen einige Hauptwerke der Hauptvertreter des Ermetismo, namentlich Eugenio Montale (1896–1981), Salvatore Quasimodo (1901–1968) und Giuseppe Ungaretti (1888–1970) im Zentrum des Kurses.

Aufgrund der schwer in Übersetzungen zu fassenden Dichte hermetischer Lyrik sind grundlegende Französisch- und Italienischkenntnisse wünschenswert.